sobald die sonne scheint, explodiert mein stadtviertel. plötzlich sitzen ALLE draußen. die einen in straßencafes, die anderen auf den treppen vor der haustür, auf dem bordstein, einer mauer oder einfach irgendwo auf einem stück rasen. hauptsache sonne.
es rennt auch niemand mehr hektisch und in seine gedanken versunken zum bäcker oder einkaufen. sie schlendern entspannt mit einem eis durch die straßen, lassen sich von menschen in gespräche verwickeln, mit denen sie sonst niemals ein wort wechseln und haben es auf einmal kein bisschen eilig.
niemand der hier wohnt, fährt mehr mit dem auto, man fährt fahrrad oder inliner oder geht zu fuß. und diejenigen, die - wie ich - bei jedem wetter zu fuß einkaufen gehen, grinsen sich verschwörerisch zu, wenn sie sich begegnen, rollen mit den augen und denken halb verächtlich, halb amüsiert „schönwetterfußgänger“. wahlweise auch „weicheier“.
zu hause sitze ich auf meinem balkon, der den namen balkon nicht wirklich verdient hat, mir aber sonne, privatsphäre UND das gefühl, nichts zu verpassen, bietet. eine mischung aus kleinstadtidylle und großstadtgetöse.
ich höre beim lesen das rattern der straßenbahnen, polizeisirenen heulen, laute hiphop-songs aus den vorbeifahrenden autos, das läuten der kirchenglocken und die kinder von gegenüber beim versteck spielen. „eckstein, eckstein, alles muss versteckt sein. hinter mir, vor mir, gilt es nicht.... ICH KOOOOMME!“
im restaurant auf der gegenüberliegenden straßenseite werden lichterketten in die bäume drapiert, die terrasse gefegt und es werden stühle und tische draußen aufgestellt. die nachbarn streiten sich lautstark, während sie ihren strandkorb wieder auf den balkon zerren, der den namen im gegensatz zu meinem übrigens mehr als verdient hat, ob sie den grill schon aufbauen sollen oder ob das vielleicht ein bisschen übertrieben wäre.
lasse, der zweijährige junge, der mit seinen eltern in der wohnung über mir wohnt, quietscht vergnügt mit der rostigen schaukel um die wette und der kleine, irische junge aus dem dritten stock hat mit seinen spielkameraden den ganzen bürgersteig und die steinplatten vor unserem haus mit bunter kreide bemalt. zumeist totenköpfe und herzen mit flügeln. ich höre, dass die drei „himmel und hölle“ spielen, das klackern der steine, die sie in die aufgemalten kästchen werfen, wie sie beim hüpfen einen zählreim rufen, den ich noch nie gehört habe.
ich kann nicht anders, als alles toll zu finden.
dass das hier wahrscheinlich nur ein kurzes sommerliches intermezzo ist, wird mir erst wieder bewusst, als ich das wohnzimmer betrete, in dem nach wie vor sibirische temperaturen herrschen. aber das wird schon...
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